Arbeitsrechtsfragen an Martin Fink zum Thema „Rückkehrrecht zur Vollzeit“
Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass ein Rückkehrrecht auf Vollzeit eingeführt werden soll und zwar für den Fall, dass ein Arbeitnehmer die Arbeitszeit zuvor reduziert hatte und in ein Teilzeitarbeitsverhältnis gewechselt war. Andrea Nahles legt auf der Grundlage dieser Vereinbarung nun einen Gesetzentwurf vor.
Darüber haben wir in München mit dem Arbeitsrechtsanwalt Martin Fink von Beiten Burkhardt gesprochen und ihn nach Details und Auswirkungen des geplanten Gesetzes befragt.
management meetings: Herr Fink, das Bundesarbeitsministerium möchte einen weiteres Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umsetzen: Dem Arbeitgeber, der wunschgemäß einst in ein Teilzeitarbeitsverhältnis gewechselt ist, soll ein Rückkehrrecht auf eine Vollzeitstelle eingeräumt werden – aber kann er das nicht auch jetzt schon?
Martin Fink: Ja, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Die bisherigen Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sehen bisher in einem derartigen Fall lediglich vor, dass der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, der ihm den Wunsch nach einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigen soll, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer entgegenstehen.
Kurz gesagt: Diese Regelung räumt dem Teilzeitbeschäftigten keinen Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit ein, wie dies im umgekehrten Fall, also bei der Verringerung der Arbeitszeit der Fall ist und kann bisher nicht gegen den Willen des Arbeitgebers durchgesetzt bzw. rückgängig gemacht werden.
management meetings: Wie sieht der Gesetzentwurf nun konkret aus?
Martin Fink: Der Gesetzentwurf wurde im Januar 2017 vom Bundesministerium veröffentlicht. Ziel ist es, den Beschäftigten, die ihre Arbeitszeit zeitlich begrenzt verringern möchten, das Recht einzuräumen, nach der Teilzeitphase wieder zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückzukehren. Voraussetzung ist wie bereits beim bestehenden Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, dass beim Arbeitgeber in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt sind und dass das Arbeitsverhältnis mehr als sechs Monate besteht.
Der Gesetzentwurf sieht auch vor, dass die Arbeitgeber mit ihren Arbeitnehmern einen unabhängigen Verlängerungswunsch erörtern müssen. Dieser Erörterungsanspruch soll unabhängig von der Betriebsgröße sein.
Außerdem sieht der Gesetzentwurf eine Beweislastverlagerung auf den Arbeitgeber vor. Wenn der Arbeitnehmer die Arbeitszeit verlängern wollte, musste er bisher – ggf. bei Gericht – nachweisen, dass ein entsprechender Arbeitsplatz mit einem höheren Arbeitsvolumen beim Arbeitgeber zur Verfügung steht und dass er für diesen geeignet ist. Dies soll nun dahingehend abgeändert werden, dass im Falle eines Verlängerungswunschs das Unternehmen das Fehlen eines Arbeitsplatzes oder eine nicht bestehende Eignung darlegen muss.
management meetings: Ist diese Gesetz Ihres Erachtens notwendig oder schadet es gar?
Martin Fink: Meines Erachtens steht dieser Gesetzentwurf der operativen Notwendigkeiten entgegen, kann aber entsprechenden Einfluss auf die betriebliche Gestaltung nehmen. Bislang hatten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Sinne der betrieblichen Bedürfnisse miteinander und einvernehmlich über eine Verlängerung der Arbeitszeit abgestimmt. Nun ist zu befürchten, dass Arbeitnehmer den Verlängerungsanspruch durchsetzen, auch, wenn tatsächlich kein ausreichender Beschäftigungsbedarf besteht. Zudem könnte durch dieses Rückkehrrecht die Attraktivität der zeitlich befristeten Teilzeitarbeit erheblich zunehmen, denn hatten bislang Arbeitnehmer Zweifel, ob sie diese nach einer Verkürzung der Arbeitszeit wieder verlängern können, hätten sie mit dem Gesetz nun einen Anspruch darauf.
management meetings: Vielen Dank für diese Informationen, Herr Fink.
Martin Fink, Partner / Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Beiten Burkhardt
Martin Fink ist Partner bei BEITEN BURKHARDT in München und Mitglied der Praxisgruppe Arbeitsrecht. Sein Tätigkeitsbereich umfasst insbesondere das Kollektiv- und Individualarbeitsrecht. In diesen Rechtsgebieten berät er nationale und internationale Unternehmen. Verhandlungen mit betriebsverfassungsrechtlichen Gremien (Konzern-/Gesamt- oder Betriebsrat) anlässlich von Restrukturierungen zählen ebenso zu seinem Tätigkeitsbereich wie die Verteidigung von Arbeitgebern gegen Kündigungsschutz oder sonstige Klagen von Arbeitnehmern (z. B. wegen Altersversorgung, Vergütung, Diskriminierung, etc.). Als Fachanwalt für Arbeitsrecht vertritt Martin Fink Arbeitgeber bundesweit sowohl vor den Gerichten für Arbeitssachen (Bundesarbeitsgericht, Landesarbeitsgerichte, Arbeitsgerichte) als auch vor sonstigen Gerichten, die in Auseinandersetzungen mit Mitarbeitern zuständig sein können (z. B. Oberlandesgericht, Landgericht, Sozialgerichte, Verwaltungsgerichte, etc.). Zu seinem Tätigkeitsbereich zählt ebenso die Vertretung von Arbeitgebern in betriebsverfassungsrechtlichen Einigungsstellen.
Martin Fink studierte Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und wurde im Jahr 2003 zur Anwaltschaft in Deutschland zugelassen. Seit 2009 ist er Fachanwalt für Arbeitsrecht. Herr Fink trat bei BEITEN BURKHARDT im Jahr 2005 ein und ist seit 2010 Partner.